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Die Wanderung

Wandertagebuch

Wir wollen von unserer Wanderung berichten und freuen uns über Kommentare von euch

26.06. – 29.06.

2022 von Eisenach über Marburg nach Köln Posted on 29.06.2022 19:43

Von Ziegenhain nach Marburg

Halbzeit. 12 Tage nach dem Start in Eisenach haben wir ca. 190 km zu Fuß zurückgelegt und sind in Marburg angekommen.

An den beiden letzten Tagen wurde die Wanderroutine aufgehoben, einfach deshalb, weil wir in Pashya/Gertis Heimat waren. In Kirchhain treffen wir Cousin Heinrich, der die nachfolgenden 7 km durch das Ohm-Tal mit uns wandert und über Störche und Greifvögel fachsimpelt. Ziel ist Großseelheim, ein Stadteil von Kirchhain. Hier leben (Cousin) Konrad und (Lebensgefährtin) Hannelore, die uns gastfreundlich aufnehmen, großzügig mit selbstgemachten Wurstwaren bewirten, über alle Neuigkeiten ins Bild setzen und uns am Folgetag sogar ihr Auto leihen. Und das war richtig gut, anders wäre das Programm nicht zu schaffen gewesen.

Pashya/Gertis Problemfuß zickte, die nächstgelegene Orthopädin, Fr. Dr. Bernstein stellte ein vernichtendes Urteil über die Einlagen in den Wanderschuhen aus. Das ortsansässige Sanitätshaus Happel gab alles. Entgegen aller üblichen Terminabläufe waren innerhalb eines Tages neue Einlagen gefertigt und die Absätze der Wanderschuhe präpariert (gefühlt läuft es sich jetzt federnd wie auf Waldboden 🙂

Derweil fahren wir nach Betziesdorf, Pashya/Gertis Heimatdorf und ebenfalls Stadtteil von Kirchhain. Wir besuchen das Grab der Eltern (sind verzaubert von der Üppigkeit des Lavendels und den 100erten Bienen, Hummeln und Schmetterlingen) und anschließend Carola und Jacob die sich jahrein-jahraus rührend um die Grabpflege kümmern und uns mit weiteren Ereignissen aus dem Dorfleben bereichern.
Am frühen Nachmittag folgen wir der Einladung von (Cousin) Heinrich und Verena (seiner Frau). Wie schön, die beiden Töchter (Großnichten) Heike und Anke kommen mit ihren Kindern, Sebastian der Sohn und Jungbauer, macht sich für eine Weile von der Feldarbeit frei und wir verbringen gutgelaunt einen heiteren Nachmittag mit Kaffeetrinken und Kirschen pflücken, der dann in eine Abendvesper incl. Hausmacher Wurst und Schinken von Wildschwein, Rind und Hirsch sowie selbstgemachtem Wein mündet.
AM 29. Juni erreichen wir Marburg, den ersten Teil der Wandertour: Halbzeit.



21.06. – 25.06.2022

2022 von Eisenach über Marburg nach Köln Posted on 25.06.2022 16:57

Von Datterode bis Ziegenhain

Die Gebrüder Jacob und Wilhelm Grimm gingen in Kassel zur Schule und studierten anschließend in Marburg.
Die wissbegierigen jungen Männer waren Realisten, die in der fernen Vergangenheit die Wurzeln für die zeitgenössischen Zustände sahen. 
So sammelten sie ab 1806 zunächst im damals noch weitaus unwegsameren Nordhessen alte, vorwiegend mündlich überlieferte Geschichten und Sagen. Bereits 1812 veröffentlichten sie erste gemeinsame Bücher, wie den ersten Band der Kinder und- Hausmärchen.
Das Rotkäppchen soll seinen Ursprung in der Haube, der sog. Kappe der Schwälmer Mädchen- und Frauentracht haben. (früher gehörten zu dieser Tracht 8 Röcke, die übereinander getragen wurden!)

A Schloss Spangenberg
Die ursprünglich gotische Anlage war zunächst Burg dann Festung, Jagdschloss, Gefängnis, Forstschule und ist heute ein Hotel und Restaurant.
Hier eröffneten wir den Schnitzelreigen.

B Schwälmer Bilderbogen
Die Region Schwalm zeichnet sich durch eine sehr spezielle Tracht, deftige Wurstwaren und herzhafte Brote aus. Dazu natürlich Fachwerk wie im gesamten Nordhessischen Raum.

C Früchte des Landes
Gerste, Weizen, Roggen, Ackerbohnen, Mais, Raps.

D Typische nordhessische Kulturlandschaft
Sanfte Hügel, Feldraine und Wäldchen



Prolog

2022 von Eisenach über Marburg nach Köln Posted on 20.06.2022 00:41

Sicher fragt ihr euch, was es nun genau mit der Heiligen Elisabeth bzw. Elisabeth von Thüringen auf sich hat und warum wir ihren Spuren folgen wollen.

Zunächst einmal die Auflösung unserer beiden Verbindungen an den Elisabethpfad, vom Ende her aufgerollt. Georg ist Kölner, Pashya/Gerti aus dem Kreis Marburg und Eisenach haben wir im letzten Jahr auf einer Wanderung über den Rennsteig kennnengelernt. Es geht also mehr ums Wandern, das Verbinden von Orten als um eine plötzliche Hinwendung zur Religiosität.

Nun aber zu Elisabeth und einem kurzen Abriss ihrer ersten Lebensphasen. 1207 wurde sie als ungarische Königstochter geboren und bereits ein Jahr später aus machtpolitschen Gründen mit dem zukünftigen Landgrafen Herrmann von Thüringen verlobt. Als Vierjährige erfolgte dann ihr Umzug nach Thüringen, geleitet von einem Tross an Rittern und nur einer einzigen vertauten Freundin, Guda (ihrerer späteren Hofdame). In Eisenach und später auf der Wrtburg wurde sie dann mit den landgräflichen Kindern erzogen. Als sie neun war starb ihr Verlobter und sie hätte eigentlich zurück zu ihren Eltern geschickt werden müssen.

Wartburg

Zum Glük gab es Ludwig, den jüngeren Bruder Herrmanns. Da sich die beiden zugetan waren, erklärte er sich bereit, Elisabeth zu heiraten. Das passierte dann 1221 als sie vierzehn war. Ein Jahr später wurde das erste Kind (Herrmann) geboren und bald darauf das zweite (Sophie, die spätere Sophie von Brabant und Stammutter des Hauses Hessen). Chronisten berichten von einer ausgesprochen glücklichen Ehe. Ludwig soll seiner jungen Frau Treue und Feingefühl entgegen gebracht haben, was bei arrangierten Ehen die absolute Ausnahme war (ist).

Alles hätte gut sein können, doch Elisabeth stand dem höfischen Prunk ablehnend gegenüber, sie zeichnete sich durch hohen Gerechtigkeitssinn aus, war von jeher sehr fromm und fand Erfüllung in der Mildtätigkeit. Inspiriert würde sie dabei von den Lehren des Franz von Assisi, die für Armut, Keuschheit und Gehorsam standen. Ihre unermüdliche Hilfe für Arme und Kranke fand Ludwigs Unterstützung (gemeinsam gründeten sie ein Hospital am Fuß der Wartburg). Allerdings versuchte er ihre zunehmend exzessiven Selbstgeißlingen einzuschränken. Die Armen, Kranken und Aussätzigen besuchte sie oft barfuß, in grobe Wollte gehüllt womit sie zunehmend in Konflikt mit ihren landgräflichen Pflichten geriet. Die später entstandenen Legenden um ihre Person haben diesen Widerspruch aufgegriffen, so soll sie von Gott in einen reichgeschmückten Mantel gekleidet worden sein nachdem sie wieder einmal ihre schönen Gewänder an Bettler verschenkt hatte. Beim sog. Rosenwunder sollen Lebensmittel, die an Arme verteilen wollte, in Rosen verwandelt worden sein, als sie dabei ertappt wurde.

Legende vom Rosenwunder. Tafelbild eines Altars, Steiermark um 1525

Während des Hungerwinters 1225/1226, ihr Mann weilte am Hof des Kaisers, ließ sie die Kornkammern öffnen und die darbende Bevölkerung versorgen. In dieser Zeit wurde der in strenger Askese und äußerster Armut lebende, weltliche Priester Konrad von Marburg ihr geistlicher Berater. Dieser war es auch, der Ludwig zu einem Kreuzzug mit Kaiser Friedrich II überredete. Aufgrund dieser Entscheidung gelobte Elisabeth Konrad Gehorsam zu leisten, sofern dadurch die Belange des Landgrafen nicht beeinträchtigt würden und, sofern Ludwig vor ihr sterben würde, immerwährende Keuschheit. Noch im gleichen Jahr 1227 starb Ludwig auf dem Weg ins Heilige Land (zwei Wochen danach wurde das dritte gemeinsame Kind, Gertrud) geboren.

Durch Ludwigs Tod wurde Elisabeth des Schutzes beraubt, der sie bisher vor Konflikten mit dem Adel und dem Hofstaat beschützt hatte. Ludwigs Bruder Heinrich Raspe entzog ihr sofort die Verfügungsgewalt über Ländereien und Einkünfte. Elisabeth verließ daraufhin die Wartburg und lebte unter ärmlichsten und entwürdigenden Umständen mit ihren Dienerinnen in Eisenach. Ihre Zeitgenossen, auch jene, die früher ihre Wohltätigkeit erhalten hatten, begegneten ihr nun mit Missachtung, Hohn und Spot.

Briefmarke der Deutschen Post zum 800. Geburtstag 2007

Auf Veranlassung Konrads von Marburg bestimmte Papst Gregor IX Konrad zu Elisabeths Vormund, der sie dann völlig von ihrer Familie isolierte und zur Übersiedlung nach Marburg überredete. Die genaue Route, die Elisabeth nach Marburg zurücklegte ist nicht bekannt, wahrscheinlich reiste bzw. pilgerte sie auf der damals üblichen Handelsroute, die in etwa dem heutigen Elisabethpfad entsprochen haben mag.

In unregelmäßigen Abständen berichten wir über unsere Erfahrungen.



Warum wir unsere Wanderung nicht in Konstanz fortsetzen

2022 von Eisenach über Marburg nach Köln Posted on 11.06.2022 18:10

Die Covid-19-Pandemie hat 2020 ein weiterwandern erst mal zunichte gemacht. Da damals kein Impfstoff vorhanden war und immer wieder neue Hotspots aufflackerten haben wir uns entschlossen unsere Wanderung nicht am Endpunkt unseres Weges 2019 fortzusetzen, also weiter nach Rom zu wandern.
Als Alternative ist uns auf Anregung eines Freundes der Elisabethpfad in den Sinn gekommen. Elisabeth von Thüringen (1207 – 1231) wurde wegen ihrer Hilfsbereitschaft und Frömmigkeit sehr verehrt. Ihr Grab befindet sich in Marburg in der Elisabeth-Kirche.
Drei Pilgerwege führen dort hin, von Frankfurt a. Main, von Köln und von Eisenach. Da wir enge Bezüge zu Marburg und zu Köln haben, kam uns die Idee, letztere beiden Wege zusammenzuführen und von Eisenach über Marburg nach Köln zu wandern.

Wir hoffen, dass euch unser ‚Sinneswandel‘ gefällt und ihr uns wieder auf unserer Wanderung virtuell begleitet, auch wenn unsere Wanderstory nicht an die letzte Episode von 2019 unmittelbar anschließt.



ES IST VOLLBRACHT

2019 von Hamburg nach Konstanz Posted on 14.09.2019 20:40
Heidelberg -> Konstanz
Gesamtstrecke

Ein ganz, ganz großes Dankeschön für das rege Interesse an unserer Wanderung. Wir haben uns außerordentlich über unterstützende, fragende und ergänzende Kommentare zu den insgesamt 37 Blogeinträgen gefreut und diese immer wieder sehr gerne gelesen. Das gleiche gilt für den Zuspruch und den Austausch via E-Mail, SMS und WhatsApp. DANKE, DANKE, DANKE

Und hier ein schnell skizzierter Überblick zu unserer Wanderung:

  • Drei Monate Wanderschaft von Hamburg nach Konstanz Ca. 1.500 km gesamt (davon ca. 80 mit Bus, Bahn oder Fähre)
  • Auf der gesamten Wanderstrecke je rund 36.000 m Aufstieg und Abstieg bewältigt (!)
  • Je ein 1 Paar Absätze abgelaufen
  • 75 Tagesetappen zwischen 15 und 32 km
  • 92 Nächte in 75 verschiedenen Betten
  • 17 Tage Pause zum relaxen erkunden und genießen
  • Tagestemperaturen zwischen 11 und 38 Grad
  • Erstaunlich viele Wandernde und Wanderinteressierte (besonders im Schwarzwald) und reges Interesse gewürzt mit aufmunterndem zuweilen auch bewunderndem Zuspruch für unsere Deutschland Durchquerung
  • Unglaublich viele freundliche und zuvorkommende Wirtsleute angetroffen vor allem in den Landgasthöfen
  • Wunderbare und wunderliche regionale Gerichte kennengelernt, probiert und genossen. Z. B.: Schnucken-Grützwurst und Buchweizentorte (Nordheide); Potthucke und Pillekuchen (Sauerland); Handkäs mit Musik, Grüne Soße und Äbbelwoi (Südhessen); Kässpätzle, Maultaschen und Schwarzwälder Kirschtorte (Scwarzwald); Suser (Bodensee). Und immer wieder Schnitzel – in allen Varianten.
  • Zahlreiche schwarze und rote Eichörnchen kreuzten unseren Weg, außerdem viele Rehe, noch mehr Greifvögel, ein Fuchs, ein Adler, sieben Feuersalamander, kein Wildschwein (aber dafür unzählige Spuren)
  • Die Kastanienmoniermotte treibt ihr Unwesen in ganz Deutschland, nur auf dem Deister, in Bad Berleburg, und in wenigen Ecken des Schwarzwaldes gesunde Kastanien angetroffen
  • Als wir am 16. Juni gestartet sind, hatte die Kirschernte gerade begonnen. Das Getreide stand noch grün auf dem Halm
  • Jetzt sind die Pflaumen reif. Das Getreide ist abgeerntet, die Wintergerste bereits ausgesät und die Kartoffelernte beginnt
  • Eifrige Diskussionen in allen Parteien über den Klimaschutz – unter dem Eindruck von Trockenheit, Borkenkäfer, Brand des Amazonas Regenwaldes, Fridays for future, … – Ein schlüssiges Klimaschutzkonzept steht aus
  • Italien hat eine neue Regierung, Groß Britannien einen neuen Regierungschef, die EU eine neue Kommissions-Präsidentin, die SPD sucht noch eine neue Parteiführung

In den drei Monaten waren wir Tag und Nacht zusammen, ein gutes Team! Entgegen kam uns neben der Aufgabenteilung und dem Bemühen um Achtsamkeit die Naturverbundenheit. Georg ist im Rheinland aufgewachsen und hat bei den Landwirten im Dorf gejobbt. Pashya/Gerti ist ein echtes Landei, sie kommt von einem kleinen Bauernhof in Hessen. Trotzdem freuen wir uns beide, in Hamburg auch wieder getrennten Interessen nachzugehen. Gleich am Montag geht’s los. Georg wendet sich der Chorprobe zu und Pashya/Gerti der Yoga-matte.

Ob es im nächsten Jahr weiter Richtung Süden geht? Das wissen wir jetzt noch nicht. Wir werden sehen.



12. – 15.09.

2019 von Hamburg nach Konstanz Posted on 14.09.2019 18:02

Für unser TSCHAKKA – ES IST VOLLBRACHT – Foto wählen wir das Wahrzeichen von Konstanz, die Statue der Imperia im Hafen. Die Verkörperung der Kurtisane Imperia erinnert satirisch an das Konzil von Konstanz zu Beginn des 15.Jahrhunderts.
Auf ihren erhobenen Händen trägt sie zwei zwergenhafte nackte Männlein. Der Mann in ihrer rechten Hand trägt auf seinem Haupt die Krone eines Königs und hält einen Reichsapfel in der Hand;

Für unser TSCHAKKA – ES IST VOLLBRACHT – Foto wählen wir das Wahrzeichen von Konstanz, die Statue der Imperia im Hafen. Die Verkörperung der Kurtisane Imperia erinnert satirisch an das Konzil von Konstanz zu Beginn des 15.Jahrhunderts.
Auf ihren erhobenen Händen trägt sie zwei zwergenhafte nackte Männlein. Der Mann in ihrer rechten Hand trägt auf seinem Haupt die Krone eines Königs und hält einen Reichsapfel in der Hand;

die Figur in ihrer Linken trägt eine päpstlich Tiara und sitzt mit übereinander geschlagenen Beinen. Es ist nicht eindeutig, ob die Figuren Porträts von den Machthabern zur Zeit des Konstanzer Konzils, Kaiser Sigismund und Papst Martin V darstellen, oder ob sie allgemein als Personifikation die weltliche und die geistliche Macht darstellen. Der Künstler Peter Lenk sieht nackte Gaukler, die sich die Insignien der Macht widerrechtlich aufgesetzt haben. Die Aufstellung der Skulptur (1993) stieß bei konservativen Ratsmitgliedern und der katholischen Kirche auf Widerstand, letztendlich setzte sich die Macht des Faktischen durch.

Das Konzil fand in dem bis heute erhaltenen, größten mittelalterlichen Profanbau Süddeutschlands statt.

Ziel des Konzils von 1414 – 1418 war es, die christliche Kirche wieder zu vereinigen, nachdem sich neben dem römisch katholischen Papst in Rom ein Gegenpapst in Avignon etabliert hatte. Für die Zusammenführung war die Abdankung beider Päpste erforderlich, was nach vielem Hin und Her gelang. Mit Martin V wurde ein Kompromiss-Pabst gewählt.

Während des vier Jahre währenden Konzils lebten neben den ca. 7.000 Konstanzer Bürgerinnen und Bürgern ungefähr 30.000 Kleriker und Adelige samt Hofstaat in der Stadt. Dazu sollen auch rund 700 Kurtisanen gehört haben, einige davon mit großem Einfluss auf kirchliche wie weltliche Entscheidungsträger. Welche Ironie des Schicksals: Das ehemals stark katholisch geprägte Konstanz verfügt mit der acht Meter hohen Imperia heute wahrscheinlich über das weltweit größte Denkmal einer Prostituierten.

‚Tag eins‘ ist bei freundlichen 23 Grad einem Spaziergang (ohne Gepäck)
nach Konstanz gewidmet. Endlich nehmen wir Tuchfühlung mit dem Bodensee
auf. Freuen uns an der Weitsicht, dem Treiben im Jachthafen, den
gepflegten Grünanlagen und der lebendigen Stadt.

‚Tag zwei‘ steht ganz im Zeichen von Hermann Hesse. Er lebte zwischen
1902 und 1912 in Gaienhofen am Bodensee. Unsere Anreise mit dem Schiff ist phantastisch: Klare, spiegelglatte Wasseroberfläche,
Wasservogelschutzgebiete im Wechsel mit neuen Wohnquartieren, alten Herrenhäusern, gepflegten schweizerischen Dörfern und fruchtbaren Obst- und Weinanbaugebieten.

Als erstes lenken wir unsere Schritte zum ‚Mia und Herrmann Hesse Haus und Garten‘, in dem die Familie mit den drei Söhnen von 1907 – 1912 lebte. Heute ist das Areal in Privatbesitz, eigentlich ist geschlossen. Wir haben Glück, der freundliche Eigentümer öffnet uns seine Pforte, so dass wir in dem von Hermann Hesse angelegten, zwischenzeitlich überformten und liebevoll unter wissenschaftlicher Begleitung rekonstruierten Garten lustwandeln und picknicken können.

Danach besuchen wir das Hermann Hesse Museum.
Es ist in jenem Bauernhaus untergebracht, in dem Hesse mit Frau und erstem Sohn bis zur Fertigstellung des o.g. eigenen Hauses zwischen 1902 und 1907 zur Miete wohnte. Pashya/Gerti, in ihrer Jugend ‚glühende‘ Hesse Verehrerin, lernt viele neue Facetten des unsteten, egozentrischen (Macho) Menschen Hesse kennen, die nur schwerlich mit dem schöngeistigen Sinnsucher in Einklang zu bringen sind.

‚Tag drei‘ hat den Bodensee Klassiker, die Insel Mainau als Ausflugsziel. Gleich vorweg, wir waren auf der Blumeninsel nicht allein, haben aber möglicherweise den Altersdurchschnitt nach unten gesenkt. Die zahlreichen Souvenier Shops und Cafés lassen an Bundesgartenschauen denken. Jedes Jahr 365 Tage lang. Damit sich die Unternehmung trägt, müssen jährlich mindestens 1,2 – 1,4 Mio Touristen die Insel besuchen. Besucherrückgänge der letzten Jahre sollen mit Tagungen und Banketten kompensiert werden.

Wir schlendern durch das Areal, halten inne am Schloss sowie der Barock Kirche und werfen einen Blick ins Palmenhaus, das inzwischen zum Event Ort umfunktioniert worden ist. Rhododendren, Rosen sind um diese Jahreszeit bereits verblüht. Dafür entfalten 250 verschiedene Dahliensorten einen Farbenrausch. Das Aboretum überrascht mit alten exotischen Gehölzen darunter mehrere über 100-jährige Mammutbäume.

Die wechselvolle Geschichte des Eilandes mit dem mediterranen Klima aufzufächern würde zu weit gehen. Über Schenkungen, Verkäufe und insbesondere Heiraten zwischen verschiedenen österreichischen, ungarischen und schwedischen Königs- sowie diversen herzoglichen Häusern befindet sich die Insel seit 1974 im Besitz der von Graf Lennart Bernadotte gegründeten gemeinnützigen „Lennart-Bernadotte-Stiftung“.

Zum Abschluss des Tages und zugleich zum Abschluss unserer dreimonatigen Wanderung gibt’s nochmals Schwarzwälder Kirschtorte, aber nicht in einem der acht Restaurationsbetriebe der Mainau sondern in einer kleinen Konditorei am Ort.

Morgen, am Sonntag den 15. September steigen wir in den Zug und fahren zurück nach Hause.

Es kann gut sein, dass wir in den nächsten Tagen noch einige Nachbetrachtungen, Ergänzungen und Erkenntnisse einstellen.



10. – 11.09.

2019 von Hamburg nach Konstanz Posted on 14.09.2019 16:41

Am Gasthof zum Adler in Liggeringen irritierte die (sichtbar ältere) Wandmalerei ‚Fremdenzimmer‘. Im Netz haben wir ein ‚Gästezimmer‘ gebucht. An diese Stelle passt unsere Beobachtung, dass sich der Sprachgebrauch verändert hat. In unserer Kindheit und Jugend hatten Gasthöfe sowohl im Rheinland als auch in Hessen Fremdenzimmer. Bis 2019 hat sich ein wohltuender Wertewandel vollzogen. Auf der gesamten Wanderung kamen wir nur in einem Gasthof im ‚Fremdenzimmer‘ unter, auch die Übernachtung auf dem Bauernhof war im Gästezimmer. Und da fühlt man auf dem

Bauernhof war im Gästezimmer. Und da fühlt man sich doch gleich viel willkommener als im ‚Fremdenzimmer‘. Unabhängig von dem Wandbild war es im Adler prima, bodenständige Küche und ebensolche Wirtsleute.

Unser letzter Wandertag traf so unerwartet ein wie sonst nur Weihnachten. Und er war mindestens genauso schön. Der Himmel blieb klar und blau (!), der Weg hielt nur wenige Auf- und Abstiege bereit und die waren phantastisch. Zwar war die Marienschlucht wegen Erdrutsch gesperrt, aber die kleinere Nachbarschlucht überraschte mit ungezügelter Wildheit. Der krasse Gegensatz schlägt uns im Restaurant des nahegelegenen Golfclubs in Form eines blasierten Kellners entgegen, der es ganz offensichtlich unter seiner Würde fand, Wanderern Kaffee zu servieren.

Erstaunt registrieren wir Felder mit Sojabohnen. Wie gut, dass diese nicht nur in Brasilien sondern auch im milden Klima der Bodenseeregion gedeihen.

Über weite Strecken verläuft der Weg entlang der Hangkante zum Bodensee, zu sehen ist dieser leider nur selten, selbst die Sicht von der Ruhebank reicht nur bis ins Gebüsch. Darum adressieren wir virtuell eine Empfehlung oder besser gesagt, Bitte an den Schwarzwaldverein bzw. den Bodensee Tourismusverband, doch die ein oder andere Blickachse (bei aller Liebe für Bäume und Sträucher) frei zu schneiden.

Am Nachmittag erreichen wir die Jugendherberge in Allmannsdorf, einem Vorort von Konstanz, die sich in einem ehemaligen Wasserturm befindet. Von außen wirkt sie sehr stylisch, in Bezug auf Ausstattung und Service bleibt sie allerdings hinter anderen Häusern des Deutschen Jugendherbergswerks zurück. Vor uns liegen drei wunderbare Ausklingtage.



09.10.

2019 von Hamburg nach Konstanz Posted on 10.09.2019 18:15

In Achdorf verlässt der E1 die Wutachschlucht. Während die Wutach weiter nach Süden und bei Schaffhausen in den Rhein fließt, schwenkt der E1 leicht nach Südosten und nimmt Kurs auf Konstanz und den Bodenssee, dem Ziel unserer Wanderung.

Am Ortsrand von Blumberg passieren wir ein Gewerbegebiet. Das größte Unternehmen ist als‚ Schwarzwaldhof‘ gelabelt. Hier werden Schwarzwälder Schinken und Wurstwaren geräuchert, zubereitet und konfektioniert. Wo die Schweine gemästet werden, lässt sich nicht herausfinden.

Nach einigen Kilometern Wegstrecke fängt es an zu schütten. Die Capes, die bereits säuberlich gefaltet tief unten in den Rucksäcken liegen müssen wieder ausgepackt werden. Nach einem km erreichen wir ein kleines Örtchen und finden Schutz im Bushäuschen. Dann kommt es zum Streik, Pashya/Gerti weigert sich im strömenden Regen weiter zu gehen. Nach einigem Getüftel ist eine Busverbindung ins knapp 10 km entfernte Engen gefunden. Mit einem riesigen Bogen und zweimal umsteigen sind wir dort. Es ist später Nachmittag und der Himmel ist klar und blau (siehe nebenstehende Schwarzwälder Bauernregel), aber in Engen gibt es keinerlei Übernachtungsmöglichkeit. Eine Passantin rät zum Hotel an der Autobahn Raststätte. Dazu können wir uns jedoch nicht durchringen und besteigen statt dessen die SBB Bahn nach Singen. Singen ist eine große Stadt, das erkennt man schon vom Bahnsteig aus, hier gibt’s noch Karstadt. Ihre Blüte verdankt die Stadt übrigens Maggi, das sich seit dem Ende des vorletzten Jahrhunderts hier niedergelassen hat.

Der Charakter der Landschaft hat sich verändert. Wälder nehmen ab und Grünland und Ackerbauflächen zu. Streuobstwiesen sind die Vorboten des Bodenseeobstes. Wir finden das klassische Schwarzwaldhaus mit der bergseitigen Scheunenzufahrt kaum noch vor, stattdessen wieder verstärkt Fachwerk. Und wir bewegen uns nicht mehr auf 900 bis 1.000 m Höhe sondern pendeln zwischen 400 und 500 m. Das Relief ist weniger bewegt, abgesehen von einigen kegelförmigen Erhöhungen, deren Gipfel Burgruinen tragen. Die Burg Homburg lassen wir uns nicht entgehen. Von der Ruine sind nur Reste erkennbar, aber der erstmalige Blick auf den Bodensee entschädigt für die Kraxelei. Leider haben wir keinen Piccolo dabei um auf das nahe Ziel anzustoßen.



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