
Bor wir zum zweiten Teil des Elisabethpfads von Marburg nach Köln aufbrechen, soll noch von Elisabeth von Thüringens Lebens- und Wirkungszeit in Marburg berichtet werden.
Nach dem Tod ihres Mannes Landgraf Ludwig wurde die Lage für Elisabeth immer prekärer.

Sie hatte die Wartburg verlassen, lebte asketisch, in großer Armut und ganz dem Dienst an Armen und Kranken verschrieben. Sie lebte unter entwürdigenden Umständen in Eisenach, zeitweise sogar in einem Schweinestall. Viele Mitglieder ihrer Familie hielten sie für unzurechnungsfähig. Auf Betreiben ihres geistlichen Vormundes Konrad von Marburg kämpfte sie um ihr Witwenerbe und sagte sich von der Familie los.
1228 folgte Elisabeth Konrad von Eisenach nach Marburg. In Marburg angekommen, isolierte Konrad sie von ihren Vertrauten, u.a. von Guda, die Elisabeth bereits als Gleichaltrige aus Ungarn begleitet hatte.

Konrad war wegen seiner dogmatischen Haltung umstritten. Einerseits galt er als strenggläubig und, ohne eigenen persönlichen Besitz, nur Gott dienend. Andererseits war er wohl machtgierig und stand im Ruf, ein unbarmherziger Verfolger/Inquisitor derjenigen zu sein, die nach seiner Überzeugung der kirchlichen Lehre nicht folgten. Heute würde man ihn als religiösen Fanatiker bezeichnen, ohne Skrupel vor Missbrauch und Ausbeutung.
In dieser Zeit radikalisierte sich Elisabeth immer mehr und entwickelte ihre eigene dogmatische Glaubensauffassung, die sie kompromisslos sich und anderen abverlangte. Allen Versuchen ihrer Familie sie umzustimmen bzw. erneut zu verheiraten widersetzt sie sich vehement.
1231 starb Elisabeth nur 24-jährig an Entkräftung und Unterernährung.
Fast unmittelbar nach ihrem Tod begannen von verschiedenen Seiten die Vorbereitungen für ihre Heiligsprechung. So wurden ehemalige Dienerinnen und Zeitzeugen vernommen. Als unabdingbar galt eine glaubwürdige Bezeugung von Wunderheilungen. Marburg wurde zum Wallfahrtsort und Elisabeth überregional verehrt. Emanzipierte Kräfte in der Evangelischen Kirche sehen Elisabeth heute kritisch. In der Katholischen Kirche wird sie als Heilige verehrt.


Das Verfahren der Heiligsprechung geriet 1233 ins Stocken als Konrad von Marburg einem Mordanschlag zum Opfer fiel. In seinem inquisitorischen Eifer machte er auch nicht vor dem Adel halt und bezichtigte Heinrich III zu Sayn der Ketzerei. Dieser war der Pflegevater der beiden kleinen Töchter Elisabeths und Ludwigs (Sophie und Gertrud) seit Elisabeth sie auf Konrads Geheiß hatte abgeben müssen. Heinrich widersetzte sich und brachte den Fall vor das Reichsgericht in Mainz. Auf dem Rückweg wurde Konrad nur wenige km vor Marburg ermordet.
Jahre später klappte es mit der Heiligsprechung. Währenddessen hatte der Deutsche Orden das Patronatsrecht über das Spital und die Marburger Kirchen übernommen. Als Ritterorden vernachlässigte er das Spital, ließ aber von 1235 – 1285 die Elisabethkirche bauen. Der um Reliquien ranken Kult führte dazu, dass Elisabeths Leichnam von dem Orden mehrfach umgebettet wurde. Ihr Schädel und zwei Knochen befinden sich heute in Wien. In Marburg hat ihre Aura der Heilkunde viele Jahrhunderte bis heute überdauert. Schon früh wurden diverse Fachkliniken gegründet, die noch heute einen guten Ruf genießen, wenn auch nicht mehr als Universitätsklinik sondern leider privatisiert.
Ab Beginn des 20. Jahrhunderts forschte und lehrte Emil von Behring in Marburg mit Spezialgebiet Diphtherie. Den Impfstoff ließ er in den Marburger Behringwerken (heute einem den größten Gewerbesteuerzahler) herstellen. Darüber hinaus gründete er auch weit und breit das erste Gesundheitsamt. Andere medizinische Institute und Einrichtungen folgten. Daher verwundert es nicht, dass seit 2021 BioNTech SE auf der neuerbauten mRNA Produktionsanlage den COVID-19 Impfstoff hier herstellt.
Ihr Lieben,
bin immer wieder von dem reichhaltigen Heimatkunde- und Geschichtsunterricht beeindruckt, den Ihr uns, neben den interessanten Wanderimpressionen, zugute kommen lasst.
Herzlichen Dank dafür.
Weiterhin Waldbodengefühl in den Wanderstiefeln.
Herzlicher Gruß Christine