Vorab zwei Sätze in eigener Sache:

☆ In den letzten Tagen gab’s keine stabile Internetverbindung daher kommt hier eine geballte, rückwirkende Blog-Ladung.

☆ Unser technisches Equipment ist sehr einfach. Daher bitten wir ebenso um Nachsicht bei Grammatik- und Rechtschreibfehlern wie bei ungleichmäßiger Formatierung.

Der 29. Juli ist ein besonderer Tag. Andrea und Timo kommen zu Besuch (Schwägerin und Neffe). Nach einem gemeinsamen Frühstück in Netphen geht’s auf den Berg um die angeblich beste Aussicht aufs Siegerland zu erleben. Bei bedeckten Himmel ließ sich der Beweis nur bedingt erbringen, auf jeden Fall konnten wir weit gucken. Am Gipfel gibt’s ein Fotoshooting und besonders Dimae (Labradorhündin) fühlt sich sichtlich wohl. Leider hat der nahegelegene Landgasthof geschlossen, d.h. zum belohnenden Imbiss fahren wir gemeinsam nach Siegen. Siegen ist ein Zivilisationsschock für uns beide und für alle eine Odyssee auf der Suche nach einem Cafe. Erschöpft landen wir im Extrablatt. Mit der Stärkung steigt die Stimmung wieder und dann heißt es bald Tschüss bzw. Tschö zu sagen.

Am 30. Juli machen wir Besorgungen und Meister Kipping besohlt ganz unkompliziert die Absätze unserer Schuhe. Danach fällt der Abschied von Siegen nicht schwer. Wahrscheinlich tun wir der Stadt Unrecht, ganz bestimmt gibt es schöne Ecken, wir haben sie anders als z.B. in Celle oder Hameln nicht gesehen und zugegebenermaßen auch nicht gesucht. Die Verkehrsinfrastruktur hat uns regelrecht überfordert bevor es dazu hätte kommen können.

Unser beider Heimatkundekenntnisse gerieten ins Straucheln, als wir feststellten, dass kurz nach Siegen bereits Rheinland- Pfalz beginnt, das sechste Bundesland auf unserem Weg, der an diesem Tag noch ganz interessant wurde.

Besonders der Druidenstein bei Herkersdorf hat es uns angetan. Es handelt sich um einen kegelförmigen Basaltfelsen. Er liegt 450 m über dem Meeresspiegel und erhebt sich 20 m über seine Umgebung. Dabei handelt es sich um den erkalteten Lavaschlot der ursprünglich von Sandstein und Grauwacke umgeben war. Beide weicheren Gesteine fielen jedoch im Verlauf der letzten 400 Mio. Jahre nach und nach der Erosion anheim. Um den Kegel ranken sich viele Sagen und Mythen. Vermutlich wurde er als Opferstätte und Richtplatz von den keltischen Druiden genutzt. Aber wie an so vielen anderen Orten hat die Kirche den Ort für sich okkupiert: Ein Kreuz ziert den Gipfel, ein weiteres steht daneben.

Des Weiteren führen 12 Stationen eines Kreuzgangs den steilen Hang bis zum Kegel hinauf. Wir keuchen und schwitzen und haben doch ’nur‘ unsere Rucksäcke auf dem Rücken (8 bzw. 11 kg). Da drängt sich der Gedanke auf, welche physische Last Jesus an seinem Kreuz zu tragen hatte (bei ähnlichen Temperaturen von ca. 30 Grad). Wahrscheinlich grenzen derartige Gedankenspiele an Blasphemie und sollen daher an dieser Stelle nicht weiter verfolgt werden. Näher liegt es, an die Geflüchteten zu denken, die ähnlich schwer bepackt wie wir mehrere Balkanstaaten durchquert haben, aber nicht just for fun sondern in Lebensgefahr ohne tägliche heiße Dusche, sauberes Bett und deftiges Abendessen. Exkurs: Irgendwie werden unsere Themen grad immer ernsthafter. Wo ist die Leichtigkeit Thusneldas und der Schützenfeste geblieben? Sind wir schon so im Trott, dass sich die Offenheit verflüchtigt hat? Oder drücken hier im Westerwald die Leerstände in den Dörfern und Kleinstädten, und insbesondere in den einst schmucken Kurorten (z.B. Bad Marienberg ), oder die abgerockten Bahnhöfe und der nicht vorhandene Internetzugang auf die Stimmung?

Doch zurück zum 30. Juli, der hat es in sich. Eine weitere Odyssee steht bevor, als wir uns bereits am Zielort wähnen. Dazu muss man wissen, dass der Westerwald relativ dünn besiedelt und nur partiell touristisch erschlossen ist. Entsprechend karg ist es um Unterkünfte entlang des Wanderwegs bestellt. Hinzu kommt, dass die wenigen vorhandenen schon mal Betriebsferien machen, Ruhetage haben, ausgebucht oder auch suspekt sind. Nach anstrengenden 20 km über Stock und (Druiden)Stein gab’s weder in Herdorf noch im Nachbarort ein Bett für uns. Über eine Hotel-Suchmaschine konnten wir schließlich im rund 10 km entfernten und abseits des Europawanderwegs 1 gelegenen Betzdorf (nicht zu verwechseln mit Betziesdorf!) ein Hotel buchen, das wir mit der Regionalbahn und einem weiteren Fußweg in strömendem Regen erreichten. Uns am Ziel wähnend stellte sich leider heraus, dass dort eine Doppelbuchung vorlag. Nach diversen Telefonaten hat der Wirt dann bei einem anderen Hotel ein Zimmer für uns gefunden und uns auch dort hin gefahren. Normalerweise beenden wir die Wanderstrecke zwischen 15.00 und 17.00 Uhr. An diesem Tag ist es 21.00 Uhr bis wir endlich landen. Am nächsten Tag geht’s dann ‚quer Beet‘ zurück zum E1. Auf einer der Etappen näherten wir uns mal wieder einem militärischen Sperrgebiet. Einen hundausführenden Herren nach der Bewandtnis gefragt, erhielten wir diese verärgerte Antwort: ‚Die Bundeswehr is schon seit Jahre fort. Aber se maches Gelände nett uff weil so ebar Peglobbde jaache wolle.‘ Damit war dann klar, dass wir nicht diagonal, sondern außen herum laufen mussten und, dass wir definitiv den westerwälder-pfälzisch-südhessischen Sprachraum betreten haben. Und es gibt wie immer viel zu gucken, z.B. große und kleine Tiere.

Und dann haben wir nochmal Besuch: Am 2. August überraschen uns Meike und Maja (Georgs Tochter mit Enkelin) in Dreifelden am idyllischen Dreifeldener Weiher. Und weil Klein Maja so gerne im Sand spielt und mit ihren 13 1/2 Monaten schon eine echte ‚Wasserratte‘ ist, zieht es uns auf einen Spielplatz am Wasser. Maja nimmt sofort die Sandburg, die ein junger Vater für seine Töchter gebaut hat in Beschlag und dann geht’s ab ins seichte Wasser. Nach einer Rutschpartie mit Opa ist die Erkundung des Restaurants dran und dann muss endlich erzählt und gegessen werden: Himbeeren und Gemüsebrei für Maja, dicke Eisbecher für die Erwachsenen. Danach sind alle müde und Meike und Maja machen sich auf den Heimweg, wir genießen den Luxus einer Siesta.