Deutschland beim Wandern zu erkunden beinhaltet immer auch einen Crashkurs in Heimatkunde. Zum Beispiel:

☆ Lemgo, ein feines Fachwerkensemble innerhalb des noch sichtbaren Befestigungswalls. Berühmt berüchtigt bei der Hexenverfolgung. Ehemalige Hansestadt, weil Knotenpunkt des Binnenumschlags mit Tuch. Heute etwas über 40.000 Einwohner, Hochschulstandort und Handballhochburg.

Impressionen vom Wegesrand, mal wieder im Sinne einer Kolumne eingestreut

☆ Detmold, rund 75.000 Einwohner. Seit Anfang der 1970er Jahre Sitz des aus den zusammengelegten Kreisen Lemgo und Detmold bestehenden Kreises Lippe. Hauptverwaltung des Jugendherbergswerks.
Bis 1918 war Detmold Residenzstadt, das Schloss der Herren, Grafen und Fürsten zu Lippe liegt versteckt hinter hohen Bäumen im Schlosspark. Auffällig sind der kreative Umgang und die Erlebbarkeit des Wassers. Und ebenso augenfällig das lebendige urbane Leben zwischen Fachwerk und reichverzierten Putzbauten in der Altstadt. Die äußeren Siedlungsbereiche mit Wohngebieten, Fachmarktzentren und Gewerbegebieten sind nicht nur in diesen beiden Städten, sondern auch in allen anderen die wir durchquert haben, austauschbar.

☆ Das Hermannsdenkmal; im patriotischen Geiste des ausgehenden 19. Jahrhunderts erbaut. Die Kolossalstatue des Arminius (Hermann) des Cheruskers soll an die Schlacht im Jahr 9 n. Chr. erinnern, in der die von ihm geeinten germanischen Stämme die römischen Legionen schlugen. Der Standort wurde gewählt, weil man nach damaligen Kenntnisstand davon ausging, dass die entscheidende Varusschlacht im Teutoburger Wald stattgefunden hat.

☆ Doch was wäre ein großer Krieger ohne eine starke Frau an seiner Seite: Thusnelda. lust- und kraftvoll, grenzenlos und golden gelockt mag sie gewesen sein und so ist das Bier das ihr zu Ehren in Detmold gebraut wird. Es sagt uns mehr zu als das Monument ihres Gatten.

☆ Externsteine seit Jahrtausenden zieht diese Sandsteinfelsformaton Menschen an. Steinwerkzeuge wurden gefunden und vermutet, dass es sich auch um einen Kultort unserer steinzeitlichen Vorfahren gehandelt haben kann. Im Zuge der Christanisierung erfolgte eine Neucodierung als Pilgerstätte, davon zeugen zahlreiche Grotten und das Relief der Kreuzabnahme. Heute sind die Externsteine ein Natur- und Kulturdenkmal von europäischem Rang. Wohl nicht ganz zufällig treffen genau hier der Europäische Fernwanderweg E 1 und der Europäische Radwanderweg R 1 aufeinander.

Im Frühtau zu Berge… Einer der reizvollsten Abschnitte unserer bisherigen Wanderung führt am 12. Juli von Holzhausen-Externsteine nach Kempen. Angefangen vom Morgennebel und dem Sonnengeflecht des Waldes über das wildromantische Silberbachtal bis hin zu den aufgegebenen Sandsteinbrüchen aus denen das Material für den Kölner Dom und den Reichstag in Berlin gehauen wurde. Uralte Wegzeichen und zu unserer großen Überraschung auch eine Süntelbuche säumen den Weg.

Es regnet seinen Lauf… Schon am Tag zuvor hatte uns ein Regenschauer überrascht am 13. Juli regnet es jedoch non stop. Die Regencapes haben ihre Bewährungsprobe mit Bravour bestanden. Mit Blick auf die Wetter App war die Etappe mit ca. 11 km auch kürzer. Unterwegs gibt’s trotz Regen viel zu sehen. Fasziniert hat uns die Kröte, die in stoischer Ruhe oder vielleicht auch starr vor Schreck mitten auf dem Weg sitzt. Es sieht so aus als hätte sie ihre Eier im Maul. Ähnliches hatten wir zuvor schon einmal beobachtet Lt. Kurzrecherche transportieren nur die Männchen der Darwinfrösche die Eier im Maul bzw. Kehlsack, aber diese Art kommt ausschließlich in den chilenischen und argentinischen Anden vor. Insofern bleibt das Phänomen bis auf Weiteres ungelöst.

Am Zielort Bad Driburg. empfingen uns über die Straßen gespannte Wimpel, untrügliches Zeichen eines Schützenfestes, des dritten innerhalb der knapp vier Wochen unserer Wanderung. Ist der E 1 vielleicht auch die Route der Schützenfeste?